„Alexander Gruber“




ALEXANDER GRUBER

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DARMSTÄDTER ECHO vom 04. Juli 2009, Feuilleton S. 10

„Theater muss aktueller werden“
Porträt – Der Autor und Dramaturg Alexander Gruber schreibt schon das nächste Libretto für eine Oper von Kindern
von Johannes Breckner

DARMSTADT. Kurze Zeit sah es so aus, als sei Darmstadt der einzige Ort, an dem Kinder eine Oper für großes Orchester und ein Ensemble von Profi-Sängern schreiben. Cord Meijerings Kinder-Kompositionsklasse an der Akademie für Tonkunst erfindet die Musik zum Prinzen von Jemen“, der 2011 im Staatstheater Premiere haben wird. Jetzt hat die gute Idee schon Nachahmer gefunden: Auf Meijerings Anregung hin hat auch die Kieler Musikschule ein solches Projekt in Angriff genommen, und weil die Premiere schon im nächsten Jahr sein soll, drängt die Zeit. Bis Mitte September muss Alexander Gruber sein Libretto zu „Kalif Storch“ abgeschlossen haben.

Aladdin als Quotenkönig
Gruber ist ein Erzähler, der die Faszination an einer Geschichte auf ansteckende Weise vermitteln kann. Wenn er als Librettist von dem jemenitischen Prinzen berichtet, finden die Kinder den Zugang zu den Figuren und begreifen die dramaturgische Tiefe einer Situation. So sät er die Begeisterung, die in der Fantasie der jungen Komponisten aufgeht. Das Darmstädter Projekt will Gruber bis zur Premiere begleiten, obwohl er das Staatstheater zum Ende dieser Spielzeit verlässt. Der Dramaturg, mit 71 eigentlich in dem Alter, das bei den meisten Menschen dem Ruhestand vorbehalten ist, hatte für ein Jahr dem Intendanten John Dew freundschaftshalber aus einem Personalengpass herausgeholfen. Dem Theater bescherte das nebenbei den größten Erfolg der Saison: Gruber schrieb die Märchen-Adaption „Aladdin und die Wunderlampe“, die von fast 20 000 Zuschauern gesehen wurde. Warum gerade dieses Kinderstück so erfolgreich war? Gruber zuckt die Schultern. Eigentlich hat er es gemacht wie immer: „Man muss die Figuren und ihre Situation so ernst nehmen wie möglich“, sagt er, „und trotzdem muss immer etwas Lustiges dabeisein.“ Die Dramaturgie der kurzweiligen Abwechslung zwischen ernsten, dramatischen und komischen Szenen vergleicht er mit dem Flechten eines Zopfes – kein Ende darf zu locker sitzen, keine Situation zu lange dauern.
Das Schreiben von Stücken – meistens, aber nicht ausschließlich für Kinder – hat seine Dramaturgenlaufbahn eröffnet und von Anfang an begleitet. Der Germanist aus dem Württembergischen sollte für einen Freund, der am Freiburger Stadttheater arbeitete, eine geeignete Aschenputtel-Version als Weihnachtsmärchen heraussuchen. Fünf oder sechs hatte er gelesen, aber eine war grässlicher als die andere, betuliche Texte für die gehobene Kinderstube. Also setzte er sich selber hin. 1967 wurde seine Grimm-Beareitung uraufgeführt, und sie bescherte ihm das Interesse von Stefani Hunhzinger, der Leiterin der Theaterabteilung im Frankfurter Verlag S. Fischer. Gruber heuerte noch im selben Jahr als Dramaturg und Lektor an. Bis 1975 arbeitete er in Frankfurt und wohnte in Darmstadt – und lernte das Staatstheater just in der Übergangsphase vom Orangerie-Provisorium zum neuen Haus kennen, damals dem teuersten Theaterneubau der Republik, geleitet von Günther Beelitz, dem jüngsten unter den Intendanten, mit dem er bis heute befreundet ist.
Mitte der siebziger Jahre zog Gruber nach Bielefeld, wo er heute noch lebt: Der neue Intendant Heiner Bruns holte ihn als Chefdramaturg, und dieses Duo arbeitete über zwanzig Jahre zusammen – Gruber blieb bis 1998, ein Jahr später ging Bruns in den Ruhestand. 1982 stieß der Regisseur John Dew auf Grubers Vorschlag als Oberspielleiter der Oper dazu, und es begann das, was man heute das Bielefelder Opernwunder nennt: Mit einem außergewöhnlichen Spielplan und aufsehenerregenden Inszenierungen erreichte das Haus eine Aufmerksamkeit, die weit über Deutschland hinausstrahlte.

Der Dramaturg als Detektiv
Dew und Gruber vestanden sich als Wiederentdecker jener „Zeitopern“, die in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts direkt auf aktuelle Ereignisse reagierten. Sie waren selbst begeistert und zogen die ganze Opernrepublik mit. Vergessene Werke wie Marschners „Vampir“ kamen hinzu; es war ein Opernstil, der bei der Suche nach Aufführungsmaterial von der Dramaturgie detektivischen Spürsinn verlangte.
Grubers Name ist mit dieser Phase verbunden. Dabei war er mindestens ebenso eifrig, was das Verfassen von Stücken für Kinder und Jugendliche anging. Jedes Jahr schrieb er mindestens ein Kinderstück für den Bielefelder Spielplan. Gleichzeitig standen in der Kinder- und Jugendtheatersparte, die Bielefeld sich damals noch leistete, die Stücke des emanzipatorischen Jugendtheaters auf dem Spielplan, etwa das Repertoire des GRIPS-Theaters, das Gruber auch heute gerne öfter sähe. Denn das Interesse an der gesellschaftlichen Auseinandersetzung sieht er auf dem Rückzug.
Neulich hat John Dew die düstere Prognose gewagt, die Zahl der Bühnen in Deutschland werde sich erheblich reduzieren. Seine Beschreibung, sagt Gruber, ist ja realistisch. Aber im Zweifelsfall ist er lieber Optimist. „Die gesellschaftliche Rolle, die Theater in Deutschland traditionell spielen, ist unersetzlich“, sagt er. „Theater muss bleiben und es muss aktueller werden.“

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NEUE WESTFÄLISCHE vom 6. Mai 2009

Bielefeld/Darmstadt/Minden (rec/groe)
Der frühere langjährige Chefdramaturg des Theaters Bielefeld, Alexander Gruber (71), hat einen beachtlichen Erfolg als Kindertheater-Autor erzielt. Rund 20 000 Zuschauer haben seine Fassung des Märchens "Aladdin und die Wunderlampe" gesehen, das von November bis zum gerade vergangenen April auf dem Spielplan des Staatstheaters Darmstadt stand. Die Inszenierung erreichte damit eine Platzausnutzung von 98 Prozent und war nach Angaben des Theaters das erfolgreichste Weihnachtsmärchen seiner Geschichte.
Gruber ist vorübergehend für eine Spielzeit Dramaturg am Darmstädter Haus; auch in seiner Bielefelder Zeit hatte er immer wieder Märchenstoffe für das Weihnachtsmärchen eingerichtet.
Am Darmstädter Staatstheater ist Gruber derzeit an einem Projekt einer Kinderoper des Intendanten John Dew, in den 80er Jahren einer der Protagonisten des "Bielefelder Opernwunders", beteiligt. Dew will das geplante Werk in zwei Jahren auf die Bühne bringen. Kinder schreiben die Musik dafür, Gruber das Libretto, wie Dew in diesen Tagen am Rande einer Pressekonferenz in Minden berichtete.

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NEUE WESTFÄLISCHE vom 7./8. März 2009

Auskünfte über große Stücke
Alexander Gruber veröffentlicht vierten Band

Stern der Woche
Stern der Woche
Dem ehemaligen Chefdramaturgen Alexander Gruber für seine „Beiträge zur Theatralischen Denklust“.

Halévys Oper „Die Jüdin“ unter dem Stichwort „Im Ozean der Gewalt“, Wagners „Meistersinger“ als Nürnberger Modell, Goethes „Iphigenie“ im Hinblick auf Weimar und Buchenwald - aufschlussreiche Auskünfte über große Stücke des Musi- und Sprechtheaters erteilt der langjährige Bielefelder Chefdramaturg Alexander Gruber (71) jetzt mit seiner vierten Lieferung von „Beiträgen zur theatralischen Denklust“.
Grubers Erläuterungen ruhen auf einem reichen Fundus dramaturgischer Überlegungen, gesammelt in einem Leben voller Theatererfahrung. Als Chefdramaturg arbeitete er in der Intendanz von Heiner Bruns von 1975 an 23 Jahre lang an den Städtischen Bühnen Bielefeld; seine Kompetenz ist noch immer gefragt, derzeit für ein Jahr am Theater Darmstadt.
Der vierte Band von Grubers Anmerkungen ist unter dem Titel „Beckmessers Leberbaum“ im Bielefelder Pendragon Verlag (186 S., 14,80 Euro) erschienen. Solch unermüdliche und unversiegbare, stets anregende theatralische Denklust ist uns einen Stern der Woche Wert. (rec)

Eine Initiative der Neuen Westfälischen (NW), der Lippischen Landes-Zeitung (LZ) und des Haller Kreisblatts (HK).


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